3 Grad. Über den Gipfeln des verzaubert schönen Bayerischen Waldes wird es hell. Es soll ein perfekter Spätsommertag werden, aber noch ist es bitterkalt, während uns eine kleine Kapelle zur Startlinie geleitet. 196 offiziell gelistete StarterInnen eröffnen den Arberland Ultratrail 2019. 64 Kilometer, 2.400 Höhenmeter. Ein knackiges Programm.
Der Arberland Ultratrail findet erst zum 4. Mal statt, hat aber schon jetzt einen hervorragenden Ruf. Zu Recht. Man verzeiht den wahnsinnig netten Organisatoren schon beim Race Briefing, dass auf den Bibs die falsche Notfallnummer steht. Es gibt an allen VP selbstgemachte Müsliriegel vom Bäcker in Bodenmais, die unendlich viel besser schmecken, als die verriegelte Chemiepampe. Und die Strecke – das Herzstück – ist vom feinsten.
Wir starten wellig auf knapp 1.000 Metern Höhe, laufen rüber zur Arber-Talstation und von dort hoch auf den Großen Arber mit 1455 Metern. Die ersten etwa 12 Kilometer sind ausschließlich Forstwirtschaftswege. Wo bleiben denn die Trails? Und schon geht es ab in den Wald. Hier kommen sie also.
Feine Trails, gerne verwurzelt, wechseln sich immer wieder mit Forstwegen ab. Es geht steil über Felsen, wie beim unverschämt schönen Silberbergwerk Bodenmais. Gefühlt hätten hier auch die Karl May Filme der 60er gedreht werden können. Auch wenn hier natürlich keine Pferde hochkraxeln können.
Da der Track viele Wanderwege nutzt, kommen gerade ab der Mittagszeit immer mehr Wanderer dazu. Man grüßt sich freundlich, alle machen Platz – und wer tatsächlich mal fragt, was wir hier machen und wie weit wir schon gelaufen sind, schüttelt ungläubig den Kopf. „Schon 47 Kilometer?!“ Sie wünschen alles Gute, die LäuferInnen sagen nicht, dass es noch 17 weitere Kilometer sind.
Für mich ist der Lauf auch eine Reise in die Vergangenheit. Am Großen Arber habe ich mit 5 Jahren Skifahren gelernt. Im Winterurlaub. Ich glaube, die Skipiste und die Lifte wiederzuerkennen. Und ich erinnere mich an die Warnungen damals, niemals ÜBER die Berge zu gehen, falls man sich mal verlaufen haben sollte. Denn das war Grenzgebiet nach Tschechien. Es waren die 80er. Die Grenze wurde bewacht und kontrolliert.
Zurück auf dem Track merke ich bald, dass die Muskeln nach dem Transalpine Run zwar gut erholt sind, die Gelenke aber noch nicht. Also Tempo raus, defensiv laufen, Landschaft genießen.
Zieleinlauf nach 8h unter strahlend blauem Himmel. Die Stimmung ist bestens, es gibt einen Pool und eine portable Sauna, wir können die Intrastruktur des Hohenzollern Skistadions nutzen und duschen oder uns massieren lassen. Anstatt einer Medaille gibt es ein geprägtes Glas, in das gleich Bier eingefüllt wird. Läuft auch hier.
Beim Warten auf den Shuttle-Bus zum Parkplatz (ohne Auto kommt man leider nicht zum Lauf. ÖPNV ist keine Option.) treffe ich einen Läufer, den es beim hochtechnischen letzten Downhilll gelegt hat. „Diese Woche ist meine Physiotherapeutin wieder da,“ witzelt er und hält sich den Arm. Beim Frühstück am nächsten Morgen erzählt ein Läufer, dass er nach 16 Kilometern abbrechen musste. Er war nicht fit genug. Leider hat er nicht am Tag vor dem Start auf eine der beiden kürzeren Strecken gewechselt. Insgesamt kommen auch nur 149 LäuferInnen ins Ziel.
Der Arberland Utratrail ist zwar wunderschön, aber auch nicht zu unterschätzen: er ist lang, er geht an die Substanz und er hat diverse ziemlich technische Passagen. Kurz: Ein Trailrunning-Traum!
Schreibe einen Kommentar