Starkwind im Gesicht, abwechselnd Regen und Nebel, es ist kühl – die Premiere des Oberlausitztrails hat es nicht leicht. Und doch: die Wolken ziehen immer wieder auf, die Landschaft ist wunderschön, die Strecke super gewählt und die Premierennervosität der Organisatoren unbezahlbar charmant. Schöner kann ein kleiner Herbst-Ultra kaum sein.
Vor der Startlinie stehen zwei Tische. „Die könnt ihr auch wegräumen,“ lässt uns der Moderator wissen, als sich die knapp 90 StarterInnen des 1. Oberlausitztrails für die lange Runde aufstellen. Lang, das heißt hier 48 km inkl. 4 km Asphalt und 1.200 Höhenmetern. Dann wird runtergezählt. „3 -2 -1 – – – – Stille.“ Kein Schuss. Niemand startet. Alle schauen etwas verwirrt. Naja, dann laufen wir halt doch und einfach so. Nach 15 Metern dann ein Schuss. „Wir müssen jetzt aber nicht zurück, oder?“ „Ich glaube nicht.“ Die Stimmung passt jedenfalls, als es die wenigen hundert Meter aus Gaußig raus und Richtung Waldwege geht. Der 1.Oberlausitztrail hat begonnen, 1h später als ursprünglich geplant, weil auch noch eine Treibjagd im Wald stattfindet. Na dann…
Obwohl meine Voraussetzungen suboptimal sind – der Röntgenlauf mit 63 Kilometern ist gerade mal 6 Tage her und seit 4 Tagen nervt eine leichte Erkältung – bin ich vorne dabei. Platz 5 bis Kilometer 8, dann Platz 6. Mal sehen, wie lange ich das halten kann. Überraschend viel bergauf geht es hier, in der Oberlausitz, von Waldweg zu Wanderweg zu Forstweg. Manchmal wird es richtig trailig, ganz selten ist der Untergrund hart oder gar Asphalt. Top! Und in der Ferne schallt gerne mal ein Schuss.
Sobald wir den Wald verlassen, bläst ein harter Wind. Kurz vor Sturm. Mit dem seltenen Regen wird es unangenehm, aber der nächste Wald kommt ja schon. Ich laufe die nächsten 20 Kilometer alleine. Gut, dass der Weg bestens markiert ist – einen GPS Track gab es nämlich im Vorfeld nicht. An einigen wenigen Stellen vermisse ich ihn aber schon, wenn doch mal eine Unsicherheit da ist. Bei Kilometer 28 und der folgenden VP überholen mich nochmal 2 starke Läufer. Platz 8 ist auch gut. Deutlich besser als erwartet.
Als wir bei fast 1.300 Höhenmetern sind, steht auf einem Straßenschild „Gaußig 4 km“. Nicht für uns. Wir nehmen noch den Großen Picho mit. Kommt mit den Höhenmetern nicht hin, ist aber schön. Bei rund 40 Kilometern treffen wir die kleine Runde des Oberlausitztrails. Klein gleich 16 km mit 400 Höhenmetern. Hier hätte ich wirklich einen GPS Track gewollt, denn die LäuferInnnen laufen alle nach rechts, es gibt diverse Zeichen auf dem Boden und ich glaube, ich muss nach links. „Jaja, hier bist du richtig,“ bestätigt ein netter Helfer an der nächsten und letzten VP ein paar hundert Meter später, nachdem ich alleine gegen den Strom den Berg hochgelaufen bin. Jetzt geht es wirklich nur noch bergab. Viel Laub, mit Steinen durchsetzter Waldboden, Lang- und Kurzstrecke vereint. Sogar die Sonne kommt raus.
Noch 8 km. Die Beine sind schwer. Wie immer am Ende. Noch 3 Kilometer. Dann plötzlich die erste und einzige Distanzangabe: noch 1 Kilometer. Schon? Die Beine freuts – so waren es 46,5 Kilometer statt 48, dafür aber über 1.500 Höhenmeter statt 1.200. Und auch mehr als 4 Kilometer Straße. Obwohl es noch immer angenehm wenig ist. Ein tolles Rennen, das vor allem wegen der kompakten Höhenmeter fordert. Die eher kurze Strecke fordert direkt dazu auf, über viele Anstiege einfach drüber zu pflügen.
2020 wird der Oberlausitztrail nicht nur Teil des Gerrman Trailrunning Cup sein, sondern auch im Juni stattfinden. Kann ich mir in dieser wunderbaren Herbstwelt gerade kaum vorstellen, aber wird schon. Und nach so einem Auftakt kann sich die heimische Trailrunning Community wirklich freuen, ein neues Kleinod im Kalender zu haben. Super organisiert, extrem herzlich, tolle Umgebung, schöne Strecke und ein großartiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Was will man mehr?
Kleine Anregungen nach der Premiere:
- GPS Track zum Download
- Strecke vielleicht nochmal vermessen – die Abweichung ist schon deutlich
- Auf der Homepage einen gut sichtbaren Link zum Baer-Ergebnis-Service setzen
- Start nicht wieder für 7h planen, sondern vielleicht sogar auf 9h legen. Das erleichtert die Anreise enorm.
- Und auf gar keinen Fall mehr die unsägliche Schlagerparade wiederholen! Einige wenige freuen sich vielleicht, morgens um 7:30 „Mamma Lauda“ zu hören und beim Zieleinlauf an gleicher Stelle weiterzumachen. Allen anderen bluten die Ohren und der Magen rebelliert. Es gibt genug Musik, die niemandem wehtut. Schlager gehört nicht dazu.
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