47 Kilometer und fast 2.000 Höhenmeter stecken uns nach rund 5:30 Stunden laufen und nur 4 Stunden Schlaf in den Knochen. Die Gipfel um Suhl sind nicht alpin, haben es aber in sich. Umso schöner, als wir die beiden gigantischen Brücken unterquert haben und die Wettkampfmoderatorin hören. Gleich ist der Riesentrail vom Südthüringentrail geschafft. „Noch 2 Minuten, dann startet der Wichteltrail,“ schallt es durch den Wald. Es ist der Kleine in der Runde: gut 17KM und 559HM. Zwei Haken hat die Sache: Wir laufen den Heldentrail. Wir hängen jetzt also noch eben diesen Wichteltrail dran – und starten die Runde zeitgleich mit dem hinteren Drittel des Starterfeldes.
15 Minuten vorher meinte Laufkollege Flo noch: „Genießen wir die Stille – damit ist es bald vorbei. Dann wimmelt es im Wald vor Wichteln.“ Ein lustiger und sehr wahrer Satz. Mit fast 250 StarterInnen ist die Strecke mittlerweile zum kleinen Volkslauf geworden. Da müssen unsere Muskeln nochmal ordentlich ranklotzen, denn unser Tempo liegt dann doch nicht am Ende eines Volkslaufes, sondern eher in dessen Mittelfeld.
Der schlaue Satz kam nach einem der technischsten Downhills der an Höhepunkten reichen Strecke: vom Bock (682HM) ging es auf extrem lockerem und staubigem Untergrund nach Albrechts. Deutlich schöner waren die Abstiege vom Großen Erleshügel (839 HM), vom Salzberg (866 HM) oder der Klassiker vom Rosenkopf (939 HM) auf der Skipiste runter. Es dürfte sich ohnehin mittlerweile rumgeschwiegen haben, dass der Südthüringentrail keinesfalls so beschaulich ist, wie man das von Thüringen und dessen Landschaftsläufen wie dem Rennsteiglauf erwarten würde. Es geht immer hoch und runter – inklusive diverser Rampen. Darüber hinaus ist der Track beider Strecken so detailverliebt organisiert, dass man fast nie mehr als ein paar hundert Meter auf einer Fahrstraße oder einem Forstweg läuft, sondern diese meistens nur kreuzt und gleich darauf wieder auf einem kleinen oder winzigen Trail weitermacht. Ein Traum.
Überhaupt: die Organisation. Hier machen Mirko und Tina Leffler und ihr Team einfach alles, aber auch alles richtig. Die Kommunikation im Vorfeld stimmt, der Track ist vom feinsten, das Race Briefing auf den Punkt und trotzdem total nett. Was 2020 noch wichtiger als fast alles andere ist: die Corona-Anpassungen sind effektiv und trotzdem mit Augenmaß. Es gibt eine klare Wegeführung im Start-Ziel-Bereich, sauber auseinander gezogene Verpflegungsbereiche und eine Pasta-Party am Vorabend, die ohne direkten Kontakt auskommt. Auch die VPs an der Strecke sind top aufgestellt und geben Essen und Getränke auf individuellen Wunsch über kleine Pappschalen aus. Auch hier: kein Kontakt. Da es ohnehin zum Konzept gehört, keine Becher zu stellen, ist die Ökobilanz damit auch nicht sonderlich beansprucht. Ganz großes Lob.
An sowas denke ich ehrlich gesagt aber wenig, als wir uns durch die vielen Wichtel pflügen. Die Beine so: „Mach easy, du Irrer. Wir haben schon performt!“ Der Kopf so: „Nur noch die kleine Runde. Und hinter den ganzen SonntagsläuferInnen können wir nicht bleiben.“ Also ab auf die nächsten Hänge und immer freundlich fragen, ob wir vorbei dürfen. Ist nie ein Problem, alle voll nett hier. Bald kommen uns die späteren Gewinner Frank und Toms entgegen geballert. Sie werden mit 5:52 und 5:53 finishen. Die Wahnsinnigen! Ich hingegen zahle vor der beidseitig und daher zwei Mal bespielten VP Steinsburg (641HM) die Rechnung für den Bergaufnachbrenner: Laktat galore und zwickende Waden. Egal, Klappe halten, nur noch etwas hoch und runter und dann ab nach Hause.
Auf den letzten 4 Kilometern hole ich tatsächlich noch Jonas ein, mit dem ich 2018 den Heldentrail rund 40KM gemeinsam gelaufen bin. Der Südthüringentrail ist halt nicht nur ein Highlight des Trailrunning-Kalenders, sondern auch ein Treffen mit FreundInnen. Und auf Grund der Corona-Situation sogar der längste Trailrun Thüringens 2020. So kann man der beschissenen Pandemie doch noch etwas Gutes abgewinnen.
Nach 7:37 ist dann Schluss. Derbe k.o. aber extrem glücklich – und mit Platz 23 bzw. Platz 8 in der Altersklasse auch mehr als zufrieden.
Nächstes Jahr ist das fünfjährige Jubiläum dieses Ausnahmelaufes, der sich weitab der Alpen durchaus mit den dortigen Trails messen kann. Wer nicht dabei ist, ist selber schuld. So!
Tina Kuehne-Leffler
Vielen Dank für den wunderbar authentischen und herzerfrischenden Bericht.
Tobias
Schön, dass er dir gefallen hat! Ich hoffe, wir sehen uns dann 2021 beim Jubiläum.
Petra Berkath
Ein sehr schön ausführlicher Bericht, direkt zum Mitlaufen! Mit schönen Bildern ergänzt! Ich hoffe, dass mir nächstes nix dazwischen kommt! Die Zeit ist ja auch der Hammer! Gute Erholung!
Tobias
Danke Petra. Und ja: komm auf jeden Fall rum nächstes Jahr. Es lohnt sich!