Sie gilt als Königsetappe des Transalpine Run: Etappe 4 von Landeck nach Samnaun. Rund 46 Kilometer lang mit 2.900 Höhenmetern. Bei gutem Wetter Ausblicke die für ein Bilderbuch zu schön wären. Doch welcher König quält sich den 1.600 Höhenmeter-Anstieg am Anfang hoch?

Nach 5 flachen Kilometern geht es erst durch kleine Dörfer steil hoch, dann durch Wälder und übe Wiesen, vorbei an Almen, über Skihänge, durch die Wolken.

Transalpine Run 2019 - es zieht sich, man zieht sich (c) PlanB
Transalpine Run 2019 – es zieht sich, man zieht sich (c) PlanB

Wir haben 9 Kilometer Zeit, um 1.600 Meter Höhe zu machen. Ausblick galore als wir über die Wolken kommen: umrundet von kargen Felsgipfeln liegt das Tal wie ein großes Schaumbad unter uns. Über uns wartet VP 1. Weiter.

Transalpine Run 2019 - die Königsetappe ist ab und zu auch laufbar (c) PlanB / Harald Wisthaler
Transalpine Run 2019 – die Königsetappe ist ab und zu auch laufbar (c) PlanB / Harald Wisthaler

Auf der anderen Seite des Fisser Jochs auf 2.432 Metern, sieht es mindestens genauso großartig aus. Es ist schwer, die Balance zu halten zwischen Trail fokussieren und Grandesse einsaugen. Wobei „einsaugen“ ein ganz treffendes Wort wird: Wir kommen über einen langen, schrägen, supermatschigen Hang. Dieses „mwscht, mwscht“ bei jedem Schritt bleibt lange der Dauerbegleiter während es – natürlich – weiter nach oben geht.

Transalpine Run 2019 - Etappe 4 bedeutet auch 20 km konstant auf über 2.000m Höhe (c) PlanB / Harald Wisthaler
Transalpine Run 2019 – Etappe 4 bedeutet auch 20 km konstant auf über 2.000m Höhe (c) PlanB / Harald Wisthaler

Der höchste Punkt des Tages und zweithöchste der ganzen Tour kommt noch: die Ochsenscharte auf 2787 Metern. Um dahin zu kommen, laufen wir gut 20km lang auf über 2.000 Metern Höhe. Einsetzende Höhenluft, ständige Aufstiege und immer wieder antraben – das zehrt. An VP 2 meldet sich der Läufer neben mir ab. Er kann nicht mehr. Aus. Harte Entscheidung, denn auch wenn er morgen natürlich wieder starten darf, ist er komplett aus der Wertung. Er wird nicht in der offiziellen Liste der Transalpine Run Finisher 2019 auftauchen.

Transalpine Run 2019 - der Weg zur Ochsenscharte geht stur nach oben (c) PlanB / Harald Wisthaler
Transalpine Run 2019 – der Weg zur Ochsenscharte geht stur nach oben (c) PlanB / Harald Wisthaler

Ich zahle die Rechnung der Tour beim finalen Downhill. Gut 5 Kilometer erst technischer Pfad, dann Forstwirtschaftsweg. Ich bin langsam. Die Oberschenkel wollen nicht mehr. Und ich muss damit klarkommen, dass ich in diesem Team der klar langsamere Läufer bin. Das kommt vor, ist aber eine durchaus bittere Pille. Erster Moment von Team-Trouble? Zum Glück nicht. Aber ein interessanter psychologischer Moment, der letztlich das Team noch besser aufeinander einschwören wird.

Die finalen 8 Kilometer sind mit leichtem Auf und Ab durchsetzt und würden sich gut laufen lassen – wenn ich noch gut laufen könnte. Aber irgendwann kommt endlich das ersehnte Schild: „1 km to go“. Fast 1,5 Kilometer später kommt dann auch das Ziel. Alle LäuferInnen scheinen sich einig: geile, harte, tolle Strecke heute – aber der zu lange letzte Kilometer war mental für’n Arsch. Wir sind heute Platz 7. Passt schon, zeigt aber auch, dass die anderen Teams durchaus noch Energie haben. Es bleibt spannend.

Richtig cool dann die Pastaparty auf dem lokalen Bergsattel, der Alp Trider, zu der wir mit der Seilbahn hochfahren. Was ein Blick! Und irgendwie ein Gefühl von Klassenfahrt, als sich plötzlich alle in die Gondel und beim Rückweg in den Bus drängen.

Transalpine Run 2019 - mit der Gondel zurück nach Samnaun
Transalpine Run 2019 – mit der Gondel zurück nach Samnaun

Und tatsächlich ist die Samnaun-Geschichte hier noch nicht zu Ende. Wir bleiben nämlich 2 Nächte. Am Folgetag steht nur ein Bergspring an. 8 Kilometer und 834 Höhenmeter – zur jetzt schon bekannten Station auf dem Gipfel. Das wird spannend. Wer wird ballern? Wer wird sich verausgaben? Welches Tempo ist auf dem technischen Trail überhaupt machbar? Wir werden den schmalen Pfaden geschuldet in vielen Wellen starten. Die Schnellsten gegen 12h, die ersten Starter um 10h.

Positiver Nebeneffekt: So kann endlich mal das Frühstück genossen werden. Ganz in Ruhe? Fühlt sich seltsam aber gut an. Man kann auch mal die vollkommen durchgeschwitzte Weste waschen. Nach dem Lauf in die Sauna gehen. Was für ein Ausblick auf den Tag. Was ein Ausblick auf die Berge um Samnaun herum. Es könnte alles so entspannt sein…

Und wie war nun der Bergsprint?

Transalpine Run 2019 - dort irgendwo mäandert der Bergspring lang (c) PlanB
Transalpine Run 2019 – dort irgendwo mäandert der Bergspring lang (c) PlanB

Er war der Hammer! Ganz nach meinem Geschmack: 1 km mit lockerem Gas raus, dann schnell bergauf das Dorf verlassen, ab auf den Singletrail und durchaus technisch nach oben. Alle 15 Sekunden startet ein Team, ab und zu ein kleiner Puffer von 5 Minuten, um alles zu entzerren. Heute mal keine Rücksicht auf Verluste – so ein kurzer Lauf regeneriert sich ja schnell. Nach 1:08h und ein paar Überholern ist der Spaß auch schon wieder vorbei. Damit ist Quick & Dirty wieder auf Platz 4.

Transalpine Run 2019 - ein kurzer Downhill darf nicht fehlen (c) PlanB
Transalpine Run 2019 – ein kurzer Downhill darf nicht fehlen (c) PlanB

Hier noch die Profile zu Samnaun:

Transalpine Run 2019 - Etappe 4 (c) strava.com
Transalpine Run 2019 – Etappe 4 (c) strava.com
Transalpine Run 2019 - Etappe 5 (c) strava.com
Transalpine Run 2019 – Etappe 5 (c) strava.com